Ein ausgeglichener Hund ohne spezifische Ängste, wie er in unserer Bernhardinerzucht vorkommt, drückt sich in seiner Hundesprache problemlos aus, wenn er von klein auf perfekt sozialisiert wurde. Mit seiner Mutter, den Geschwistern und später mit den Tierpflegerinnen und Tierpflegern lernte er, sich zu verständigen. Die sogenannten Beruhigungssignale dienen der Kommunikation. Diese Signale treten den ganzen Tag über auf, und zwar bei jeder neu auftretenden Situation. Willkommen in der faszinierenden Welt der Hundekommunikation.
Verstehen heisst schützen
Eine Aufgabe unserer Tierpflegerinnen und Tierpfleger besteht darin, die Hunde vor Unbehagen zu bewahren. Wir legen grossen Wert auf Respekt und Wohlbefinden. Unser Team kennt seine Schützlinge und versteht es, ihre Signale zu entschlüsseln. Ebenso liegt es ihnen am Herzen, entsprechend zu reagieren. Sie beherrschen quasi die „Hundesprache“. Die Tierpflegerinnen und Tierpfleger haben mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und reagieren auf jedes noch so kleine Signal des Hundes.
Ein Hund, der sich die Lefzen leckt, hat Angst. „Oh, ich fühle mich nicht wohl, holt mich hier raus!“, soll das dann heissen. Oder er versucht, sich durch leichtes Beugen kleiner zu machen, als er ist, um einen Konflikt zu vermeiden. „Ich bin friedlich und nicht so bedrohlich, wie du vielleicht denkst“, will er dadurch vermitteln. Indem er eines seiner Vorderbeine hebt und so ein wenig aus der Balance gerät, möchte er etwas unentschlossen ausdrücken: „Schau, so stark bin ich gar nicht, ich will dir absolut keinen Schaden zufügen!“. Am Boden platzierte Vorderpfoten, ein angehobenes Gesäss und ein wedelnder Schwanz sind eine Einladung zum Spielen: „Komm, lass uns zusammen Spass haben!“.
Missverständnisse
Man sagt, ein Hund wedelt vor Freude mit dem Schwanz. Natürlich kann diese Haltung verschiedene positive Emotionen ausdrücken. In diesem Fall ist der ganze Körper im Einklang mit dem Schwanz in Bewegung. Manchmal handelt es sich dabei jedoch auch um negative Signale. Der Schwanz liegt in diesem Fall tiefer und bewegt sich weniger. Dann ist Vorsicht geboten, denn der Hund fühlt sich nicht wohl und man sollte ihn lieber in Ruhe lassen.
Unsere Hunde werden oft fotografi ert und sind daran gewöhnt. Zum Leidwesen der Besucherinnen und Besucher wenden sie sich hie und da jedoch ab. „Die Leute glauben, dass Alba im betreffenden Moment nicht fotografiert werden will“, fasst Claudia Müller, Leiterin des Bereichs Barry hilft, zusammen. „Das ist aber nur ein Höflichkeitssignal des Tieres“, fährt sie fort. Anders als wir Menschen der westlichen Welt schauen sich Hunde nur als Zeichen der Provokation direkt in die Augen. Aus Höflichkeit und Respekt vor ihrem Gegenüber wenden sie den Blick oder sogar den Kopf ab.
Die Botschaft: „Ich bin nicht auf Konfrontation aus, sondern gehe meinen Weg!“. Auch wenn ein Hund gelegentlich ziemlich auffällig gähnt, ist er nicht müde, sondern hat Angst und fühlt sich eher bedroht. Durch Gähnen versucht er, Stress abzubauen. Wenn er dazu noch die Ohren anlegt, den Schwanz zwischen die Beine steckt und erstarrt, muss man unbedingt auf ihn hören. Dann kann er nicht mehr und man sollte ihm Ruhe gönnen und ihn nicht weiter belästigen. Ausserdem gibt es Hunde, die tatsächlich lächeln und das auch so meinen, weil sie mit dem Menschen in Kontakt treten wollen. Andere wiederum lächeln gar nicht. Sie sind total im Stress und ziehen die Lefzen nach hinten.
Rollenspiele
Die Hunde sind bestrebt, in ihrem Rudelleben oder bei der Interaktion mit Menschen eine aktive Rolle zu spielen. So etwa gibt es Hunde, die gerne Menschen zusammenbringen, und erst dann ruhen, wenn ihr gesamter Klan wieder versammelt ist. Andere übernehmen die Rolle des Friedensstifters. „Alba stellt sich immer in voller Grösse zwischen zwei Akteure, um Spannungen sowohl zwischen Menschen als auch zwischen Hunden auszugleichen“, betont Claudia Müller, die mit ihrer mittlerweile 8-jährigen Bernhardinerhündin bestens vertraut ist. Bei Sozialeinsätzen ist das übrigens ein wesentlicher Vorteil. Das Team Mensch- Hund ist perfekt eingespielt, um sich auf jede neue Situation einstellen zu können. Ein Zeichen von Alba genügt und Claudia weiss, was zu tun ist.
Referenzen: Calming Signals von Turid Rugaas, Animal Learn Verlag
Lernen mit Humor
Sehen Sie sich unsere Videokapsel zum Thema Hundesprache an. Dieses Video ist Teil unserer neuen Mini-Serie, in der unsere Bernhardiner mit der Schweizer Komikerin Sandrine Viglino auftreten. In der Rolle als Tierpfl egerin lernt sie die Welt der Bernhardiner anhand von acht Themen kennen.